Oberdieck-Preis

Der Pomologen-Verein e. V., die Stadt Naumburg (Hessen) und der NABU-Bundes­verband verleihen jährlich einen Preis für heraus­ragende Leistungen auf dem Gebiet der Erhaltung pflanzen­genetischer Ressourcen im Obst­bau. Dieser ist benannt nach Johann Georg Conrad Oberdieck (1794 – 1880), einem der bedeutendsten deutschen Pomologen des 19. Jahr­hunderts. Der Preis ist mit 2.000 Euro dotiert und wird vom Hessischen Ministerium für Umwelt, Klima­schutz, Land­wirt­schaft und Verbraucher­schutz unter­stützt.

Preiswürdig sind Projekte, wissen­schaftliche Arbeiten oder auch das Lebenswerk eines Einzelnen, die zur Erhaltung der Vielfalt alter Obst­sorten in Deutschland beitragen und beispielgebend die Bewahrung der Vielfalt durch persönlichen Einsatz, vorausschauende Planung und kooperative Zusammenarbeit demonstrieren. Die beteiligte(n) Person(en), sollte(n) verschollene Sorten wieder­entdeckt, sich um Klärung der Sortenechtheit bemüht und die Erhaltung der Sorte veranlasst haben. Aber auch ideenreiche, unkonventionelle Ansätze sind willkommen.

Werden zwei Bewerbungen von annähernd gleichem Rang vorgelegt, kann der Preis geteilt werden. Er kann außer an Einzelpersonen auch an ein Team oder einen Verein verliehen werden, wobei Eigenbewerbungen möglich sind. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Die Bewerbungen sollen mit einer schrift­lichen Darstellung des Projektes / der Maß­nahme bis zum 1. Juli eines jeden Jahres an die Geschäfts­stelle des Verleihungs­gremiums gerichtet werden. Diese Geschäfts­stelle ist bei dem Magistrat der Stadt Naumburg, Natur-Informations­zentrum, 34311 Naumburg angesiedelt. Dabei ist der wesent­liche Inhalt des Projektes / der Maß­nahme in einer Kurz­fassung anschaulich darzu­stellen. Die Darstellung soll die o. a. Kriterien (persön­licher Einsatz, Konzeption und Methode, Kooperations­partner) erkennen lassen ! Für die Darstellung sind keine besonderen Formen vorge­schrieben; ein Umfang von mindestens zwei Seiten erscheint jedoch sinnvoll, 15 Seiten sollten nicht über­schritten werden.

Den letzten Oberdieck-Preis 2021 erhielt Jens Meyer am 30. April 2022.


Nachruf auf Jürgen Sinnecker

Der Apfelmann

Anfang November verstarb unser uns allen als Apfel­mann bekannter Freund, Kollege und Mitglied des Pomologen-Vereins Jürgen Sinnecker.

Jürgen Sinnecker ist in Berlin aufge­wachsen und lebte seit 1982 mit seiner Frau Friedrun nahe Zehdenick inmitten von Feldern auf einem Grund­stück mit einer großen Obst­wiese. Hier pflanzte und pflegte er nicht nur die Bäume, sondern es lag ihm viel an der arten­reichen Tier- und Pflanzen­welt. Zahl­reiche Fotos von Blüten sowie großen und kleinen Tieren zeugen von seiner Liebe zum Detail.

Seit vielen Jahren begeisterte er die Kinder in Zehdenick und Umgebung, wenn er in Kinder­gärten und Schulen einge­laden wurde. Diese nannten ihn bald den Apfel­mann. Dieser Name gefiel Jürgen Sinnecker so gut, dass er von nun an der Apfel­mann war und seine Home­page so nannte.

Wer im Internet den Apfel­mann sucht, kommt sofort auf die seine Home­page, die er sehr liebe­voll für Jung und Alt, für Apfel­lieb­haber und solche, die es werden wollen, für Menschen, die obst­kundliche Unter­haltung suchen oder eine spezielle Frage zu ihrem Obst­baum oder Früchten haben, gestaltet hat. Egal ob es historische Fach­literatur oder lustige Gedichte, Koch­rezepte oder Baum­schule und Mostereien in der Region waren, Jürgen hat sie gesammelt, sortiert zusammen­gestellt und für jeden zugäng­lich gemacht.

Nicht nur im Internet, sondern vor allem auf den Apfel­tagen in der Umgebung war er bald nicht mehr wegzu­denken. Seine Ausstellungen waren einzig­artig. Die große Vielfalt der Apfel­sorten der Obst­wiesen brachte er auf langen Tischen zum Ausdruck. Und im Früh­jahr? Da gab es auf der LAGA in Wittstock einen eigenen Tisch mit Apfel­blüten, die von fast schnee­weiß bis dunkel­rosa die Besucher faszinierten. 

Geduldig und unterhalt­sam bestimmte er die mitge­brachten Äpfel und Birnen, erklärte die Probleme ihrer Obst­bäume und sagte nicht selten, dass auch ein Baum sich über ein Geburtstags­geschenk in Form einer Düngung oder Pflege­maß­nahme freut. Immer widmete er sich den Kindern, denen er gern auf die ihm eigene Weise erklärte, wie man mit madigen Früchten umzu­gehen hat.

Sehr engagiert hat er sich in der Erhaltung und dem Aufspüren von Lokal­sorten. Bei den Kartierungen fand er die verschiedensten Typen der Hasen­köppe, die er nicht nur mit Senioren gemeinsam verkostet hat, sondern zur Erhaltung der Sorten­vielfalt auch vermehren ließ. Der „Zehdenicker Landapfel“ fehlt auf keiner Ausstellung. Gern hätte er auch die in Rheinsberg einst bekannte Sorte „Friedrich der Große“ ange­siedelt. Leider fehlte ihm durch seine Krank­heit die Kraft, umfang­reich danach zu recherchieren.

Trotz seiner schweren Krank­heit arbeitete er intensiv an seiner Home­page, lud uns zu pomologischen Nach­mittagen ein, wo wir gemeinsam die schwierigen Sorten auseinander­nahmen und unter­stützte uns „Nachwuchs­pomologen“ mit Apfel­päckchen, Literatur oder Telefonaten, die nicht selten vom Kranken­haus kamen. Bewunderns­wert war sein unerschöpf­licher Lebens­mut, sich trotz der Krank­heit an den kleinen Dingen des Alltags zu erfreuen, sei es die Biene auf der Blüte, ein drolliger Stiel­wulst am Apfel oder ein verrücktes Huhn auf dem Hof.

Im Herbst des Jahres 2020 wurde Jürgen Sinnecker für seine heraus­ragenden Leistungen auf dem Gebiet der Erhaltung pflanzen­genetischer Ressource im Obstbau mit dem Oberdieck-Preis der Stadt Naumburg (Hessen) und dem Pomologen-Verein e.V. geehrt. Auf der Oberdieck-Wiese in Naumburg wird der „Quittenapfel vom Fünffinger­stein“ nun an sein Wirken erinnern.

Jürgen Sinnecker wurde 68 Jahre alt. Wir sind sehr dankbar, unseren Apfel­mann als Kollegen, Freund und Berater an unserer Seite gehabt zu haben und werden ihn und seine großen Verdienste in guter Erinnerung behalten.

Die bisherigen Oberdieck-Preisträger

1999  Friedrich Renner, Merkendorf,  mit seinem Obstgarten „Pomonia Franconica“
und  Rüdiger Brandt, Petersberg, mit seinem Projekt zur Erhaltung alter Obstsorten Mecklenburg Vorpommern

2000  [nicht verliehen]

2001  Eckhart Brandt, Großenwörden, mit seinem Boomgaarden-Projekt
und  Rainer Rausch, Hochdorf-Assenheim, mit einem Projekt zur Erhaltung historischer Obstsorten aus der Pfalz

2002  Erwin Holzer, Bad Schönborn, für das Projekt des Arbeitskreises Heimat, Natur und Umwelt zur Erhaltung traditioneller Obstsorten in Bad Schönborn

2003  Reinhard Heller, Waddekath, und das Projekt Schloss Hundisburg

2004  Dr. Werner Schuricht, Jena, mit seinem Lebenswerk

2005  [nicht verliehen]

2006  Hans-Joachim Bannier, Bielefeld,
und Eckart Fritz, Hohenheim, für Ihren Einsatz zur Erhaltung zum Teil verschollen geglaubter Sorten.

2007  [nicht verliehen]

2008  Anton Klaus, Oberneufnach, mit seiner Erhaltungsarbeit in Süddeutschland

2009  Falk Kröling, Bielefeld, mit seiner Pionierarbeit bei der Bestimmung von Pflaumensorten

2010  Hermann Schreiweis, Roigheim, für Bestimmung und Erhaltungsarbeiten von Birnensorten

2011  Andreas Jung, Lustadt

2012  Dr. Annette Braun-Lüllemann, Hohengandern

2013  Willi Hennebrüder, BUND Lemgo
» Oberdieck-Preis 2013 an Willi Hennebrüder

2014  Jan Bade, Kaufungen
» Oberdieck-Preis 2014 an Jan Bade

2015  Steffen Kahl, Aßlar
» Oberdieck-Preis 2015 an Steffen Kahl

2016  Jacobus Bosschaerts, Belgien
» Oberdieck-Preis 2016 an Jacobus Bosschaerts

2017  Hans-Thomas Bosch, Überlingen
» Oberdieck-Preis 2017 an Hans-Thomas Bosch

2018  [nicht verliehen]

2019  Meinolf Hammerschmidt, Sörup
» Oberdieck-Preis 2019 an Meinolf Hammerschmidt

2020  Jürgen Sinnecker
» Oberdieck-Preis 2020 an Jürgen Sinnecker

2021 Jens Meyer, Kuhlrade
» Oberdieck-Preis 2021 an Jens Meyer

2022 August Kottmann, Bad Ditzenbach-Gosbach
» Oberdieck-Preis 2022 an August Kottmann